Eine Reinigungsfirma hat ihren Mitarbeitern 50 Euro angeboten für den Fall, dass diese aus der Gewerkschaft austreten. Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen entschied, dass das ein massiver Verstoß gegen die Koalitionsfreiheit ist.Unternehmen dürfen ihren Mitarbeitern keine Prämien für einen Gewerkschaftsaustritt zahlen. Das hat das Arbeitsgericht (ArbG) Gelsenkirchen in einem Eilverfahren entschieden (Urt. v. 09.03.2016, Az. 3 GA 3/16). Im konkreten Fall hatte das Reinigungsunternehmen Stölting Care & Service GmbH seinen Mitarbeitern ein „Kopfgeld“ von 50 Euro angeboten, falls sie ihren Mitgliedsausweis bei der IG Bauen-Agrar-Umwelt abgäben. Laut Urteil war dieses Vorgehen klar rechtswidrig. Richterin Ulrike Groeger sprach in der Urteilsbegründung von einem „massiven Verstoß gegen das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit“.
Entscheidend für eine Gewerkschaft sei die Verhandlungsstärke, sagte Groeger. Da diese jedoch maßgeblich von der Mitgliederstärke abhänge, könne das Vorgehen des Arbeitgebers sie nachhaltig schwächen. Stölting hatte Anfang Februar rund 200 Reinigungskräfte angeschrieben, die in zwei Gelsenkirchener Krankenhäusern eingesetzt sind. Gleichzeitig wurde ihnen mitgeteilt, dass es vorgefertigte Kündigungsschreiben gebe, die im Büro des Arbeitgebers abgeholt werden könnten, um das Austrittsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Nach Angaben der Gewerkschaft haben drei Mitarbeiter von dem Angebot Gebrauch gemacht und ihren Austritt aus der IG Bauen-Agrar-Umwelt erklärt.
Betriebsratsgründung war geplant
„Es ist eine Frechheit, die Frauen so unter Druck zu setzen“, sagte eine der Reinigungskräfte von Stölting Care & Service am Rande des Prozesses. Viele Mitarbeiterinnen seien noch in der Probezeit und hätten Angst, ihren Arbeitsplatz wieder zu verlieren. Es sei einfach „nicht zu fassen“, was der Arbeitgeber gemacht habe.
Das Reinigungsunternehmen hatte die in Aussicht gestellte „Kopfprämie“ im Prozess als Reaktion auf eine angebliche Werbeaktion der IG Bauen-Agrar-Umwelt bezeichnet. „Einige Mitarbeiter hätten sich überrumpelt gefühlt“, sagte der Anwalt des Unternehmens, Christian Große Kreul. „Deshalb wollten wir Ihnen den Rückweg ebnen.“ Die Prämienzahlung sei nur als Angebot gedacht gewesen, um den Mitarbeitern den durch den Gewerkschaftseintritt entstandenen Schaden wieder gutzumachen.
Nach Angaben der Gewerkschaft hat es sich bei den ausgetretenen Mitarbeitern allerdings gerade nicht um Neumitglieder gehandelt. Hintergrund und Auslöser des Streits soll laut IG Bauen-Agrar-Umwelt die geplante Gründung eines Betriebsrats sein.
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