Menschenrechts-Gerichtshof (EGMR) hat entschieden
Unternehmen dürfen die Internetkommunikation ihrer Beschäftigten überwachen, sofern die Überwachung verhältnismäßig ist und der Beschäftigte vorab über die Möglichkeit, die Art und das Ausmaß von Kontrollen informiert wurde. Der EGMR sieht eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und der Korrespondenz (Art. 8 EMRK) durch die rumänischen Gerichte.
Der Rumäne Bogdan Barbulescu war bei einem privaten Unternehmen als Vertriebsingenieur beschäftigt. Auf Bitten seines Arbeitgebers richtete er einen Yahoo-Messenger-Account ein, um Anfragen von Kunden zu beantworten. 2007 wurde Barbulescu gekündigt, weil er den Messenger-Dienst auch privat genutzt hatte, obwohl eine interne Unternehmensregel es verbot, Unternehmensressourcen zu privaten Zwecken zu nutzen. Zwar versuchte Barbulescu, die privaten Unterhaltungen abzustreiten. Aber sein Arbeitgeber hatte seine Messenger-Kommunikation überwacht und legte ihm ein 45-seitiges Transkript seiner privaten Chats mit seinem Bruder und seiner Verlobten vor. Nachdem er ohne Erfolg vor den rumänischen Gerichten gegen seine Kündigung vorgegangen war, legte er Beschwerde beim EGMR ein. Anfang 2016 verneinte der EGMR eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und der Korrespondenz (Art. 8 EMRK). Barbulescu beantragte anschließend die Verweisung an die Große Kammer.
EGMR: Recht auf Achtung des Privatlebens und der Korrespondenz verletzt
Kein legitimer Grund vorhanden
Die Große Kammer stellte nun eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und der Korrespondenz (Art. 8 EMRK) fest. Der EGMR nennt eine Reihe von Kriterien, die bei der Beurteilung der Frage, ob die Überwachung der Kommunikation von Beschäftigten durch den Arbeitgeber verhältnismäßig ist, zu berücksichtigen sind. So rügt er in seinem Urteil, dass die rumänischen Gerichte nicht geprüft hätten, ob Barbulescu von seinem Arbeitgeber über die Möglichkeit, die Art und das Ausmaß von Kontrollen vorab informiert wurde. Ferner hätten sie nicht geklärt, ob ein legitimer Grund für die Kontrollmaßnahmen vorlag und ob nicht mildere Überwachungsmethoden möglich gewesen wären. Auch hätten sie die Schwere des Eingriffs in Art. 8 EMRK nicht geprüft und die Konsequenzen der Überwachung (hier: Kündigung) nicht berücksichtigt.
Anmerkung: Auch im Hinblick auf die neue EU-Datenschutzverordnung ist diese europäische Entscheidung wegwesend. Nicht jede Überwachung ist „verhältnismäßig“. Betriebsräte werden gefordert sein, Kontrollen mitzubestimmen.
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