Das LAG Düsseldorf hatte zu entscheiden, ob die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds in einem Senioren- und Pflegeheim, der die Einführung von Überwachungskontrollen kritisiert und mit der Überwachung in einem totalitären Regime vergleicht, zulässig ist.Die Arbeitgeberin betreibt ein Senioren- und Pflegezentrum, bei dem ein Betriebsrat gebildet ist, dessen Mitglied der Beteiligte zu 3) ist. Dem Betriebsrat gehört er seit 20 Jahren an und ist außerdem Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Klinikgruppe. In einer E-Mail des Betriebsratsmitglieds vom 21.04.2015 an den Einrichtungsleiter und die Aufsichtsratsmitglieder, von dem der Geschäftsführer Kenntnis erhielt, hieß es u.a.:
„… wie ich von mehreren Mitarbeitern erfahren habe, beabsichtigen Sie wöchentlich eine Überwachungskontrolle, mit technischen Gerätschaften, der Mitarbeiter in der Pflege durchzuführen. Es soll damit festgestellt werden, wie viel Zeit der Mitarbeiter benötigt, bis er dem Klingelruf des Mitarbeiters nachkommt. Hier findet eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers statt, die einen dringlichen Handlungsbedarf des Betriebsrats vorsieht gemäß einer einstweiligen Verfügung. Die Überwachung in einem totalitären Regime haben wir vor 70 Jahren hinter uns gebracht, auch wenn hier im Kleineren gehandelt wird, so ist dies der Anfang von dem was dann irgendwann aus dem Ruder laufen kann. …“
Keine Zustimmung im Gremium
Der Betriebsrat erteilte die von der Arbeitgeberin beantragte Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Betriebsratsmitglieds nicht. Die Arbeitgeberin begehrt vor dem Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung. Sie meint, die E-Mail vom 21.04.2015 enthalte durch den Vergleich mit dem nationalsozialistischen Terrorregime eine grobe Ehrverletzung. Eine personenbezogene Auswertung von Aufzeichnungen der Rufanlage finde nicht statt. Es werde lediglich auf dem Server der Zeitraum vom Klingeln eines Bewohners bis zum Abschalten der Klingel durch die Pflegekraft aufgezeichnet. Dies sei erforderlich, um auf Beschwerden von Bewohnern zu reagieren. Die ihr vorgeworfene Unterbesetzung im Tages- und Nachtdienst gebe es nicht. Das Betriebsratsmitglied sieht sich zur Kritik an den von ihm empfundenen Missständen berechtigt. Seine Äußerungen seien von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Schon das Arbeitsgericht hatte den Zustimmungsersetzungsantrag zurückgewiesen. Ein Grund zur fristlosen Kündigung des Betriebsratsmitglieds liege nicht vor. Richtig sei, dass ein Vergleich betrieblicher Verhältnisse mit dem nationalsozialistischen Terrorregime in der Regel ein Grund für eine fristlose Kündigung sei. Eine solche Gleichsetzung liege aber nicht vor. Es handele sich um Befürchtungen einer künftigen Entwicklung, die zwar geschmacklos ausgedrückt aber noch vom Recht der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Die übrige Kritik enthalte zulässige Werturteile. Mit der Beschwerde verfolgt die Arbeitgeberin den Zustimmungsersetzungsantrag weiter. Das LAG Düsseldorf hat den Antrag ebenfalls zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt kein Grund zur fristlosen Kündigung des Betriebsratsmitglieds vor. Das Betriebsratsmitglied warne in der Mail vom 21.04.2015 vielmehr vor einer möglichen künftigen Entwicklung und knüpfe damit allenfalls an die Verhältnisse der Weimarer Republik an. Es gehe ihm darum, dass man Entwicklungen von Beginn an beobachten müsse „bevor etwas aus dem Ruder läuft.“ Eine solche Äußerung sei von der Meinungsfreiheit geschützt.
Werturteile jederzeit zulässig
Die übrige Kritik des Betriebsratsmitglieds, u.a. an der von diesem behaupteten und von der Arbeitgeberin bestrittenen Unterbesetzung im Tages- und Nachtdienst enthalte zulässige Werturteile, die sich im Rahmen seiner Funktionen als Betriebsrats- und Aufsichtsratsmitglied halten. Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.