Europäischer Gerichtshof (EuGH) urteilt grundsätzlich
In dem Fall wollte ein Mitarbeiter der Max-Planck-Gesellschaft, Herrn Shimizu, nach seinem Ausscheiden den nicht genommenen Urlaub ausbezahlt bekommen. Der Arbeitgeber wandte jedoch ein, Herr Shimizu hätte gar keinen Urlaubsantrag gestellt, hätte also Gelegenheit gehabt, seinen Urlaub „in natura“ zu nehmen. Die Sache landete beim EuGH aufgrund einer Vorlage des Bundesarbeitsgerichts.
Der EuGH zunächst grundsätzlich: „Nach ständiger Rechtsprechung wird mit dem Anspruch auf Jahresurlaub ermöglicht, sich zum einen von den Aufgaben gemäß Arbeitsvertrag zu erholen und zum andren ein Zeitraum für Entspannung und Freizeit gewährt.“ Verantwortlich für die Urlaubsgewährung ist allerdings der Arbeitgeber. In der Entscheidung heißt es: Hat ein Arbeitnehmer im betreffenden Bezugszeitraum (Urlaubsjahr bzw. Übertragungszeitraum) keinen Antrag auf Gewährung des bezahlten Jahresurlaub gestellt, kann er am Ende dieses Bezugszeitraums den ihm zustehenden Urlaub nicht automatisch verlieren.

Vielmehr verlangt das Gericht eine Prüfung, ob der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber z.B. durch angemessene Aufklärung auch tatsächlich in die Lage versetzt wurde, den Urlaub zu nehmen. In dem konkreten Fall hatte der Arbeitgeber nur mit einer einfachen Mail am 23.10. Herrn Shimizu „gebeten“, doch seine ausstehenden 51 Urlaubstag zu nehmen.
Abgeltung kann verlangt werden
In dem Fall ging es nun um den Streit, ob nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zum 31.12. noch die finanzielle Abgeltung für den Urlaub von € 11.979 verlangt werden konnte. Der Arbeitgeber verweigerte dies mit Hinweis, es hätte „ausreichende Zeit“ bestanden, noch im damaligen Urlaubsjahr den Urlaub zu nehmen. Das sah der EuGH anders: „Das nationale (hier: deutsche) Gericht hat insoweit dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Urlaub bzw. Urlaubsabgeltung nicht verliert, wenn der Arbeitgeber nicht nachweisen kann, dass er mit aller gebotenen Sorgfalt gehandelt hat, um den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage zu versetzen, den ihm zustehenden bezahlten Jahresurlaub zu nehmen.“ (EuGH Az.: C-619/16 und C-684/16).
Das Bundesarbeitsgericht hat nun den Fall abschließend zu entscheiden.
Hinweis: Erst einmal klingt die Entscheidung positiv. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass Arbeitgeber künftig die Beschäftigten „zwangsweise“ in den Urlaub schicken wollen, was wiederum Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auslöst.