Die Ampel-Koalition will durchgreifen
Neben der Behinderung der BR-Arbeit ist auch strafbar, die Beeinflussung der Wahl des Betriebsrats oder die Benachteiligung, aber auch die Begünstigung eines Mitglieds des Betriebsrats wegen seiner Eigenschaft als Betriebsratsmitglied.
Bis jetzt wurde die Tat nach § 119 Abs. 2 BetrVG nur auf Antrag des Betriebsrats oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt. Jetzt liest man im Koalitionsvertrag der neuen Regierung auf Seite 71 diesen Satz: „Die Behinderung der demokratischen Mitbestimmung stufen wir künftig als Offizialdelikt ein.“
Mit dem Begriff „Offizialdelikt“ ist die in § 160 Abs. 1 StPO enthaltene Pflicht zur Aufklärung eines Sachverhalts gemeint. Sobald die Staatsanwaltschaft von einer Straftat Kenntnis erhält, „hat sie zu ihrer Entschließung darüber, ob die öffentliche Klage zu erheben ist, den Sachverhalt zu erforschen“.
Die Ankündigung im Koalitionsvertrag bedeutet scheinbar, dass es nach einer Änderung des Gesetzes künftig keines Strafantrags mehr für die Verfolgung von solchen Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane bedarf. Das wäre in der Tat ein Fortschritt. Dabei stellt sich natürlich weiterhin die Frage, wie die Staatsanwaltschaft von solchen Straftaten Kenntnis erlangt. Bis jetzt ist sie darauf angewiesen, dass sich Helden im Betriebsrat dazu entschließen, sich oft nicht unerheblichem Druck im Betrieb nach einem Strafantrag auszusetzen.
Erstattet ein Betriebsrat oder eine Gewerkschaft Anzeige statt Strafantrag, wird sich das zukünftig vermutlich nicht ändern. Allerdings gibt es einen Unterschied: Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren werden immer wieder Sachverhalte vor Gericht erörtert, die zumindest einen Verdacht auf eine strafbare Handlung gegen Betriebsräte auszulösen geeignet sind. Das Arbeitsgericht darf selbst gemäß § 149 Abs. 1 ZPO das Beschlussverfahren aussetzen und seinerseits die Akten an die Staatsanwaltschaft weiterleiten, sofern sich „im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist“. Wird, wie es die Koalitionsparteien im Koalitionsvertrag vereinbart haben, § 119 BetrVG nunmehr vom Antragsdelikt zum Offizialdelikt, könnte die Staatsanwaltschaft auch ohne Hinweis aus dem Betrieb strafrechtliche Ermittlungen aufnehmen.
Das wäre zumindest der Abbau einer kleinen Hürde, die bisher immer wieder Täter einer strafbaren Behinderung von Betriebsverfassungsorganen geschützt hat.
Warten wir es ab, ob die neue Mehrheit des Bundestags ihre Pläne umsetzt.
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