In vielen Betrieben sind mittlerweile Matrixstrukturen eingesetzt. Dies führt häufig dazu, dass Mitarbeiter neue Vorgesetzte erhalten, die nicht im gleichen Unternehmen tätig sind, sondern nur Führungsaufgaben wahrnehmen. Mitunter sind die Führungskräfte sogar nicht in Deutschland stationiert und übernehmen die Führungsaufgaben nur virtuell. Für den Betriebsrat stellt sich die Frage, ob er beteiligt werden muss.
Die Übertragung von Führungsaufgaben auf Mitarbeiter eines anderen Unternehmens stellt nach zwei aktuellen Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Baden-Württemberg (Beschluss vom 28.05.2014 – 4 TaBV 7/13) und Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 17.6.2015 – 17 TaBV 277/15) eine Einstellung dar. Dies führt dazu, dass der Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen ist. Ohne die Zustimmung des Betriebsrats oder Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht ist die Übertragung von Führungsaufgaben auf Mitarbeiter eines anderen Unternehmens unzulässig.
Die Landesarbeitsgerichte beziehen sich auf die Definition einer Einstellung. Diese liegt nach ständiger Rechtsbrechung des BAG (zuletzt BAG Beschluss vom 13.5.2014 – 1 ABR 50/12) unter folgenden Voraussetzungen vor:
1. durch den Betroffenen wird abhängige Arbeitsleistung erbracht
2. die Arbeitsleistung wird innerhalb der Betriebsorganisation erbracht
3. die Arbeitsleistung dient auch der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zweckes des Betriebs, in dem die Arbeitsleistung erbracht wird
Diese drei Voraussetzungen sind in Matrixstrukturen regelmäßig erfüllt:
Üblicherweise wird in Matrixstrukturen die Führungsaufgabe nicht als Selbstzweck verstanden. Vielmehr ist die Führungskraft ihrerseits durch direkte oder indirekte vertragliche Bindung mit dem Unternehmen verbunden, in dem es Führungsaufgaben wahrnimmt. Diese Bindung gestaltet die Ausübung der Führungsaufgaben. Die Führungsaufgabe ist eine Arbeitsleistung, die daher abhängig erbracht wird. Die Arbeitsleistung wird häufig auch innerhalb der Betriebsorganisation erbracht. Raumfragen spielen hierbei keine Rolle. In Anschluss an die Rechtsprechung des BAG zu der Zuordnung von Außendienstmitarbeitern (BAG Beschluss vom 10.03.2004 – 7 ABR 36/03) kommt es nur darauf an, von wo das Weisungsrecht ausgeübt wird. In Matrixstrukturen wird das Weisungsrecht über Bande ausgeübt. Die Leitungsstruktur im Betrieb erteilt Vorgaben für die Führungskräfte (die vorliegend in einem anderen Unternehmen tätig sind), die Führungskräfte führen diese aus. Die Wahrnehmung von Führungsaufgaben dient ferner der Koordination und Leitung von betrieblichen Aufgaben und dient damit der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zweckes des Unternehmens, in dem der Mitarbeiter tätig ist.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass sowohl Betriebsräte als auf Personalabteilungen vor erhöhte Aufgaben gestellt sind. In Matrixstrukturen muss sichergestellt sein, dass die Übertragung von Führungsaufgaben eine vorherige Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG auslöst. Betriebsräte sind gut beraten, sich bei der Durchführung von bereits eingeführten Matrixstrukturen genau unterrichten zu lassen, wer Führungsaufgaben wahrnimmt. Vor der Einführung von Matrixstrukturen sind Betriebsräte gut beraten, rechtlichen Sachverstand hinzuzuziehen, um die Auswirkungen aus beteiligungsrechtlicher Sicht zu begutachten.
Olaf Lienau
Tags: Betriebsrat, Führungskräfte, Matrixstrukturen