Sie hat einen XING-Account. Hier hält sie – wie üblich – Kontakt zu ehemaligen Kollegen und Geschäftsbekannten. Weniger üblich ist, dass die A den XING-Account eher zur Pflege privater und persönlicher Beziehungen nutzte. So hatte sie den Newsfeed zu Ihrem Account (automatisierte Meldungen an die Kontakte, wenn eine Änderung der Profildaten, wie etwa neue Kontakte oder ein Arbeitgeberwechsel, vorgenommen werden) ausgeschaltet und verfolgte mit Teilen der Kontakte einen regen Austausch über ihr Hobby Tauchen. Einen Facebook- oder Twitter-Account hatte die A nicht. Unter Ihren Kontakten befanden sich jedoch – wie ebenfalls üblich – auch elf Kontakte, die Mitarbeiter von Kunden oder Geschäftspartnern des Softwareunternehmens S sind.
Von diesem Umstand erfährt das Softwareunternehmen S knapp sechs Monate nachdem die A Ihre Anstellung gekündigt hat und
wollte eine Einstweilige Verfügung gegen die A erwirken. S befand, es habe einen Unterlassungsanspruch wegen des Verrates von Geschäftsgeheimnissen.
Die Entscheidung: Das ArbG wies das Ansinnen des Softwareunternehmens S in diesem konkreten Fall zurück. Das ArbG konnte nicht erkennen, dass die A sich Geschäftsgeheimnisse unbefugt verschafft oder gesichert oder ein auf diese Weise erlangtes Geschäftsgeheimnis unbefugt verwertet oder jemandem mitgeteilt hätte.
Nach Auffassung des ArbG, das sich hier wieder auf die Rechtsprechung des BGH stützt, ist für ein Geschäftsgeheimnisses weiter notwendig, dass die Kontaktaufnahmen über XING, die zur Speicherung dieser Daten geführt haben, im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit erfolgt sein müssen.
Im vorliegenden Fall entstanden jedoch Teile der XING-Kontakte entweder bevor A bei S angestellt war oder bevor die Kontakte Mitarbeiter bei Kunden oder Geschäftspartner der S wurden, so dass hier schon deswegen keine Kontaktaufnahme im “Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit” vorlag.
Aber zu den übrigen, später hinzu gekommenen Kontakten, meinte das Softwareunternehmen S, die A müsse offenlegen, woher diese stammen. Dem erteilte das ArbG jedoch (zu Recht) eine Absage: Es ist nicht Aufgabe der A selbst vorzutragen, wie die Kontakte zustande gekommen sind. Dem Unternehmen S ist es nicht von vornherein unzumutbar, selbst zu versuchen, sich die diesbezüglichen Informationen zu verschaffen, zum Beispiel durch Befragen der Vorgesetzten der Beklagten, zu welchen der genannten Personen die A gerade im Rahmen ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Beratertätigkeit Kontakt hatte, ggf. auch durch Befragen der Kontaktpartner der Beklagten.
Im konkreten Fall erkannte das ArbG also keine Kontaktaufnahmen im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit und damit keinen Kontakt, der sich als Geschäftsgeheimnis hätte qualifizieren lassen. Folglich bleibt damit kein Raum für den Verrat von Geschäftsgeheimnissen. So war der Unterlassungsanspruch der S unbegründet und die Klage ward verloren.
Was bedeutet das Urteil für Arbeitnehmer?
Es ist nun durch ein ArbG klar gestellt, was einem an sich der gesunde Menschenverstand schon sagt: Dienstliche Kontakte – auch wenn diese über eine virtuelle Plattform wie XING organisiert sind – können Geschäftsgeheimnisse darstellen und in Folge dessen kann ein Unternehmen auch einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der weiteren Verwendung solcher Kontaktdaten gegenüber einem Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben.
Dazu muss jedoch der Nachweis erbracht werden, dass es sich bei den in Rede stehenden Kontakten um Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers im Sinne des § 17 UWG handelt. Dieser Nachweis ist – wie gesehen – schwierig zu führen.