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2016 Ausgabe 1 / Monat Februar


Recht auf Home Office? – Wenn jahrelang akzeptiert

Strukturiert der Arbeitgeber in der Weise um, künftig keine Home Office-Lösungen mehr anzubieten, kann dennoch Anspruch auf Fortsetzung einer solchen Regelung bestehen. Das hat das LAG Rheinland-Pfalz zugunsten eines 300km entfernt wohnenden Mitarbeiters entschieden, der bereits seit 2009 überwiegend im Home Office gearbeitet hatte.

Das Gericht: Gerade wenn im Arbeitsvertrag der Ort der Arbeitsleistung nicht bestimmt ist, der Arbeitgeber aber eine Neu-Bestimmung vornehmen will, muss er die Interessen des Beschäftigten im Auge behalten – und bei erheblicher Distanz zwischen Wohnort und Firmensitz auch ein Home-Office billigen, so das LAG in Mainz.
In den Fall hatte ein IT-Mitarbeiter aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber seine Arbeit überwiegend im Home-Office erbracht. Fahrten zum rund 300 Kilometer entfernten Firmen-sitz waren seitens des Arbeitgebers als Dienstfahrten anerkannt und entsprechend vergütet wor-den. Im März 20913 verlangte der Arbeitgeber im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen, dass der IT-Mitarbeiter künftig am Firmensitz arbeiten sollte. Auch die Fahrten von der Wohnung zum Firmensitz sollten nicht mehr bezahlt werden. Dagegen er-hob der Betroffene Klage. Nachdem das Arbeitsgericht Koblenz die Klage ab-gewiesen hatte, gab das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz dem Kläger Recht und hob die erstinstanzliche Entscheidung auf.

Langjährige Handhabung verschafft Anspruch
Aus der langjährigen Handhabung sei ein auf die Beibehaltung dieser Übung gerichteter Vertrauenstatbestand zugunsten des Klägers und somit auch eine entsprechende rechtliche Verpflichtung entstanden, urteilte das LAG. Es sei sogar naheliegend, von einer konkludent zustande gekommenen Vereinbarung zwischen den Parteien über die Anerkennung dieser Fahrten als Dienstreisen auszugehen. (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.2014 – 4 Sa 404/14)



Altersgrenze 65 ist „65 plus X“ – Altverträge werden „automatisch“ angepasst

Nicht nur in Arbeitsverträgen, auch in vielen Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen heißt es: „Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wird.“ Tatsächlich bedeutet dies heute, es gilt „65 plus X“.Die sog. „Regelaltersgrenze“ lag schon seit dem 1916 bei 65 Jahren. Ab 2012 wird diese Grenze bekanntlich kontinuierlich angehoben. Für Versicherte des Jahrgangs 1951 zum Beispiel liegt das Renteneintrittsalter jetzt bei 65 Jahren und 5 Monaten (siehe § 235 Abs. 2 SGB VI). Was ist aber, wenn in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen weiterhin das Alter „65″ genannt wird. Schon bei der Auslegung von Versorgungszusagen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Jahr 2012 entschieden: Es war gemeinsamen Wille, auch das Gesetz zur Altersgrenzenanpassung anzuwenden, so wie eben früher auch das Regelalter von 65. (Hinweis: In der betrieblichen Altersversorgung kann allerdings vereinbart werden, beim Eintrittsalter 65 zu bleiben.) Aktuell hat sich das BAG jetzt eine Betriebsvereinbarung „Arbeits- und Sozialordnung“ vorgenommen und gleichfalls entschieden: „Betriebsvereinbarungen, nach denen das Arbeitsverhältnis mit der Vollendung des 65. Lebensjahres endet, sind nach der Anhebung des Regelrentenalters regelmäßig dahingehend auszulegen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst mit der Vollendung des für den Bezug einer Regelaltersrente maßgeblichen Lebensalters erfolgen soll.“ (BAG, Urt. vom 13.10.2015 – 1 AZR 853/13)


Kein Abzug von Minusstunden bei Ausscheiden – Kläger gewinnt in beiden Instanzen

Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto dürfen nicht mit anderen Zahlungen verrechnet werden. Dies entschied das Landesarbeitsgericht in Kiel im Fall eines Krankenpflegers, der nach Krankheit aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war. Der Arbeitgeber hatte Ansprüche aus Resturlaub und restlichen Lohnanspruch gekürzt um die angefallenen Minusstunden.Das Gericht: Zu einer Saldierung war der Arbeitgeber nicht berechtigt, weil keine entsprechende Vereinbarung vorlag. Nur wenn sich beide darüber einig sind, das monatliche Gehalt als Vorschuss für die Gegenleistung der Arbeit zu zahlen, kann aufgerechnet werden. Grundsätzlich stellt das Gericht klar: Eine Saldierung kommt nur dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer über den Umfang der zu leistenden Arbeit frei entscheiden kann. Das war beim Kläger nicht der Fall, weil er in einem Dienstplan eingeteilt war und nach diesem Dienstplan arbeiten musste. Minusstunden waren deshalb durch fehlende Einsatzmöglichkeiten entstanden, so dass sich der Arbeitgeber in Annahmeverzug befunden hat. Der Kläger gewann in beiden Instanzen. (LAG Schleswig-Holstein Urteil vom 11.5.2015 – Aktenzeichen: 1 Sa 359 a/14)



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