In einem interessanten Fall hat sich jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit der Frage beschäftigt, ob bei Vertrauensarbeitszeit auch ein Arbeitszeitkonto geführt und die Vergütung von Mehrarbeit verlangt werden kann. Beides wurde bejaht. Allerdings muss die ausdrückliche Anordnung von Mehrarbeit vorliegen.„Die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit steht weder der Führung eines Arbeitszeitkontos entgegen noch schließt sie die Abgeltung eines aus Mehrarbeit des Arbeitnehmers resultierenden Zeitguthabens aus“, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in der Entscheidung vom 23.9.2015, 5 AZR 767/13.
Eine Assistentin der Geschäftsführung, die das sog. „Back Office“ leitete, verdiente für 163 Arbeitsstunden im Monat, die flexibel geleistet werden sollten, € 2.500,00 brutto. Nachdem sie selbst das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, forderte sie die Zahlung der Überstunden. Ein offizielles Stundenkonto war, obwohl vertraglich geregelt, nicht geführt worden, aber eine eigene Arbeitszeitaufstellung. Darin hatte sie für jeden Arbeitstag ihre Regelarbeitszeit, Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit und Pausenzeiten festgehalten sowie Mehr- und Minderarbeit fortlaufend saldiert. Aus dieser Aufstellung ergeben sich für den Zeitraum 26.11.2008 bis 30.12.2011 eine Plus-Differenz von 643 Stunden und 10 Minuten. Die Aufstellung legte sie der Beklagten nicht vor. Im Gerichtsverfahren forderte sie schließlich € 18.357,28.
Das BAG: „Ist die Führung eines Arbeitszeitkontos vereinbart, genügt für die Schlüssigkeit der Klage, das Stunden-Guthaben darzulegen.“ Dem Hinweis der Beklagten, es sei Vertrauensarbeitszeit vereinbart, folgte das Gericht nicht. „Vertrauensarbeitszeit bedeutet nur, dass der Arbeitgeber auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, der betreffende Arbeitnehmer werde seine Arbeitspflicht in zeitlicher Hinsicht auch ohne Kontrolle erfüllen. Die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit steht weder der Führung eines Arbeitszeitkontos entgegen noch schließt sie die Abgeltung eines aus Mehrarbeit des Arbeitnehmers resultierenden Zeitguthabens aus.“ Im Ergebnis wurde ihr Anspruch für 414 Stunden anerkannt. (Bundesarbeitsgericht vom 23.9.2015, 5 AZR 767/13)
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