Nicht unbedingt ein Kündigungsgrund
Ein Montagearbeiter (16 Jahre beanstandungsfrei beschäftigt) hatte sich an einem Gespräch auf der öffentlich einsehbaren Facebook-Chronik eines Kollegen beteiligt, der über seine Krankschreibung wegen eines Arbeitsunfalls berichtet hatte. In diesem Gespräch wurden überwiegend nur Spitznamen gebraucht. Unter anderem äußerte er sich wie folgt:
„Das fette ? dreht durch!!! ?? (…) und der ?kopf auch!!! ??.“
Der Arbeitgeber ging davon aus, dass mit den so bezeichneten Personen zwei Vorgesetzte des Klägers gemeint waren, darunter einer, der sehr korpulent ist und ein anderer der krankheitsbedingt eine sehr breite Stirnfront sowie eine breite Nase und breitere Hände hat. Er kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wegen dieser Äußerungen auf Facebook fristlos und hilfsweise fristgerecht. Das Gericht folgte dem Arbeitgeber nicht.
Tragweite nicht bewusst
Angesichts der tatsächlichen Gesamtumstände ist davon auszugehen, dass dem Kläger die Tragweite seines Tuns und die Reichweite seiner Beleidigungen nicht bewusst war, so das Gericht. Er ging offenkundig davon aus, dass die von ihm verwendeten Codes und Spitznamen nicht allgemein verständlich waren, sondern nur für Eingeweihte, insbesondere für den Chronikinhaber. Die Beleidigungen sind zudem Ausdruck des vielfach zu beobachtenden Phänomens, dass unter dem Schutz der Anonymität der sozialen Netzwerke deutlich heftiger „vom Leder gezogen“ wird als in einem persönlichen Gespräch. Dies rechtfertigt das Verhalten des Klägers zwar nicht, macht aber deutlich, dass eine Abmahnung nicht von vornherein aussichtslos gewesen wäre. (LAG Baden-Württemberg 22.6.2016, 4 Sa 5/16)
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