… wenn der neu eingestellte Mann mehr verdient
In dem Fall einer Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb betrug das Grundgehalt 3.500,00 Euro brutto. Neben der Klägerin waren als Außendienstmitarbeiter im Vertrieb der Beklagten zwei männliche Arbeitnehmer beschäftigt. Bei einer Neueinstellung eines männlichen Kollegen bot die Beklagte auch diesem ein Grundentgelt von 3.500,00 Euro brutto, was dieser jedoch ablehnte. Er verlangte für die Zeit bis zum Einsetzen einer zusätzlichen leistungsabhängigen Vergütung ein höheres Grundentgelt von 4.500,00 Euro brutto. Die Beklagte gab dieser Forderung nach. Zur Begründung berief sie sich ua. darauf, dass der Arbeitnehmer einer ausgeschiedenen, besser vergüteten Vertriebsmitarbeiterin nachgefolgt sei.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung rückständiger Vergütung. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihr ein ebenso hohes Grundentgelt zahlen wie ihrem fast zeitgleich eingestellten männlichen Kollegen. Dies folge daraus, dass sie die gleiche Arbeit wie ihr männlicher Kollege verrichte. Da die Beklagte sie beim Entgelt aufgrund des Geschlechts benachteiligt habe, schulde sie ihr zudem die Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Höhe von mindestens 6.000,00 Euro. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ganz überwiegend Erfolg.
Die Beklagte hat die Klägerin dadurch aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, dass sie ihr, obgleich die Klägerin und der männliche Kollege gleiche Arbeit verrichteten, ein niedrigeres Grundentgelt gezahlt hat als dem männlichen Kollegen. Die Klägerin hat deshalb einen Anspruch nach Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG auf das gleiche Grundentgelt wie ihr männlicher Kollege.
Der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten hat als ihr männlicher Kollege, begründet die Vermutung nach § 22 AGG, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist.
Der Beklagten ist es nicht gelungen, diese Vermutung zu widerlegen. Insbesondere kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, das höhere Grundentgelt des männlichen Kollegen beruhe nicht auf dem Geschlecht, sondern auf dem Umstand, dass dieser ein höheres Entgelt ausgehandelt habe. Für Die Beklagte kann die Vermutung der Entgeltbenachteiligung aufgrund des Geschlechts insbesondere nicht mit der Begründung widerlegen, der Arbeitnehmer sei einer besser vergüteten ausgeschiedenen Arbeitnehmerin nachgefolgt. (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Februar 2023 – 8 AZR 450/21)
Hinweis: Wir sind in unserer Sozietät spezialisiert auf Fragen der Entgeltgleichbehandlung. Auch und gerade durch Nutzung des Entgelttransparenzgesetzes. Häufig kam es erfolgreich zu einer außergerichtlichen Lösung.
Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner, Hamburg
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