…auch auf einer Parkbank oder im Intercity

Die gesetzliche Regelung zum Homeoffice-Unfallschutz:

Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt des Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte. § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII.

Wegeunfall – Schule, Kindergarten

Eine weitere Änderung gab es bei dem Versicherungsschutz auf den Wegen, die Versicherte zurücklegen, um ihre Kinder in eine externe Betreuung zu bringen, also in die Kita, den Kindergarten oder die Schule. Für Versicherte, die außerhaus arbeiten, gilt schon bisher: Wenn sie auf dem Weg zur Arbeit einen Umweg machen, um ihr Kind zur Kita oder zur Schule zu bringen, sind sie dabei weiterhin versichert. Für zu Hause tätige Versicherte waren Wege, um Kinder in Betreuung zu geben, früher dagegen nicht versichert. Doch seit dem 18. 6. 2021 gilt: Bringen Versicherte ihr Kind, das mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt lebt, aus dem Homeoffice zu einer externen Betreuung, stehen sie auf dem direkten Hin- und Rückweg unter Versicherungsschutz.

Armbruch beim Brathähnchenkauf in der Mittagspause: Arbeitsunfall

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hatte sich am 16. 3. 2023 mit dem Unfall eines im Homeoffice arbeitenden Krankenkassenangestellten zu beschäftigen. Der Mann war in der Mittagspause zu einem 350 Meter von seiner Wohnung entfernten Imbissstand gegangen und hatte sich dort ein gegrilltes Hähnchen gekauft. Auf dem Rückweg stolperte er und brach sich den Arm. Für Beschäftigte, die nicht zu Hause, sondern im Betrieb tätig sind, können auch Wege in der Arbeitspause zum Einkauf von Nahrungsmitteln zum Verzehr im Betrieb oder der Weg zu einer Gaststätte oder einem Restaurant außerhalb des Betriebsgeländes unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Das hatte das BSG bereits entschieden.

Geltung auch im Homeoffice

Vergleichbares müsse auch für Beschäftigte im Homeoffice gelten, befand das LSG. Die zugelassene Revision beim BSG wurde nicht eingelegt, also wurde das Urteil rechtskräftig. Genauso hatte zuvor schon die Vorinstanz, das Sozialgerichts Stade, entschieden. Es hatte allerdings hinzugefügt, dass dies nur im Zusammenhang mit der täglichen Mittagspause gelte. Ansonsten könne das jeweils zu jedem beliebigen Zeitpunkt auftretende Hungergefühl zu einem rund um die Uhr geltenden Versicherungsschutz führen.

Versicherungsschutz beim Weg aus dem Bett ins Homeoffice

„Ein Beschäftigter, der auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Bett ins Homeoffice stürzt, ist durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt.“ Mit dieser lapidaren Feststellung beginnt die Pressemitteilung des BSG zu einem am 8. 12. 2021 gefällten Urteil, mit dem die Entscheidung der Vorinstanz gekippt wurde.

Verhandelt wurde in Kassel, ob es sich bei einem Treppensturz eines im Homeoffice arbeitenden Beschäftigten um einen Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII gehandelt hatte. Der Betroffene befand sich zum Unfallzeitpunkt auf dem Weg zur Arbeitsaufnahme von seinem Schlafzimmer in sein eine Etage tiefer gelegenes häusliches Büro. Dort beginnt er üblicherweise – so fasste das BSG die Tatsachendarstellung der Vorinstanzen zusammen – „unmittelbar zu arbeiten, ohne vorher zu frühstücken. Beim Beschreiten der die Räume verbindenden Wendeltreppe rutschte er aus und brach sich einen Brustwirbel“. All das war unstrittig. Strittig war nur, ob sich auf dem Weg vom Schlafzimmer zur Arbeitsaufnahme in den eigenen vier Wänden eines Versicherten ein Arbeitsunfall ereignen kann. Das BSG stellte klar, dass auch Wege zur ersten Aufnahme von Arbeitshandlungen im Privathaushalt eines Versicherten unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Im entschiedenen Fall war der Weg vom Bett ins Homeoffice der Arbeitsweg.

Auch bei Unfall auf dem Rückweg vom Büro in Privaträume gilt Unfallversicherungsschutz

Wenn Arbeitnehmer:innen, die eindeutig im Homeoffice arbeiten, nach Beendigung ihrer Arbeit auf dem (Rück-)Weg in die Privaträume ihrer Wohnung auf der Treppe stürzen, dann ist das genauso zu beurteilen wie ein Treppenunfall auf dem (Hin-)Weg ins häusliche Arbeitszimmer. Es handelt sich deshalb um einen Arbeitsunfall. Das befand das Sozialgericht Schwerin in einer Entscheidung vom 13. 12. 2022.

Das Urteil wurde rechtskräftig. Es betraf eine Sachbearbeiterin/Integrationsfachkraft bei der Bundesagentur für Arbeit. Die örtliche Arbeitszeitvereinbarung sah vor, dass die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Homeoffice zu erbringen war. An einem „Heimoffice-Tag“ stempelte sie gegen 16:00 Uhr digital aus, fuhr den Rechner herunter, sammelte ihre Signaturkarte, ihr Headset, den Büroschlüssel und ihre Notizen vom Arbeitstag in einer üblicherweise hierfür von ihr verwendeten blauen Mappe und verließ den Arbeitsbereich. Auf dem Weg nach unten stürzte sie auf der Treppe und zog sich hierbei eine Sprunggelenksdistorsion mit Außenbandteilruptur rechts zu. Das Sozialgericht befand: Zuständig war hier nicht die gesetzliche Kranken-, sondern die Unfallversicherung.

Gesetzliche Unfallversicherung besser als Krankenversicherung

In allen geschilderten Fällen wären die Betroffenen auch ohne die gesetzliche Unfallversicherung gut abgesichert gewesen: durch die gesetzliche Krankenversicherung. Allerdings: Die Unfallversicherung bietet deutlich bessere Leistungen. Der Streit um den Unfallversicherungsschutz lohnt sich also. Die wichtigsten Gründe:

Hinweis Verletztengeld: Das Verletztengeld der Unfallversicherung ist um zehn Prozentpunkte höher als das Krankengeld der Krankenkasse. Nach dem Ende der sechswöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber, gewährt die Unfallversicherung Verletztengeld. Dieses beträgt 80 % des entgangenen regelmäßigen Brutto-Entgelts. Es darf aber nicht höher sein als das regelmäßige Netto-Entgelt. Das Krankengeld beträgt dagegen im Allgemeinen nur 70 % vom Brutto, jedoch höchstens 90 % vom Netto.

Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann und Partner, Hamburg