Streicht der Arbeitgeber nach mehreren Korrekturwünschen des Arbeitnehmers die bisher im Arbeitszeugnis enthaltene Dankens- und Wunschformel, ist dies eine unzulässige Maßregelung nach § 612a BGB. In dem Fall
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Wie viel Ausfallzeit muss der Arbeitgeber akzeptieren?
Es ist eine immer wieder gestellte Frage, wie viel Ausfallzeit ein Arbeitgeber akzeptieren muss, wenn Beschäftigte kurzfristig ohne Verschulden nicht arbeiten können. Hier geht es konkret um die Auslegung des § 616 BGB. In einem aktuellen Fall spielte die Frage bei einer Pflegefachkraft eine Rolle, die nach einer Corona-Infektion
Nicht erlaubte Verwendung von Mitarbeiter-Fotos
Ein ehemaliger Arbeitnehmer hat wegen der Verwendung von Video- und Fotoaufnahmen mit Abbildungen von ihm vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg geklagt. Der ehemalige Arbeitgeber, ein Unternehmen der Werbetechnikbranche, hatte zahlreiche Fotos von ihm „bei der Arbeit“ und ein ca. vierminütiges Werbevideo produziert, das sodann zu Werbezwecken
Überstunden aufzeichnen und rechtzeitig beantragen
Nach wie vor leisten Arbeitnehmer in Deutschland viele Überstunden. Wenn alle Stunden dokumentiert sind (meist über eine elektronische Zeiterfassung) gibt es keine Probleme. Besteht allerdings Streit darüber, ob und in welchem Umfang mehr gearbeitet wurde, ist der Beschäftigte beweispflichtig, Diese Beweislast hat das Bundesarbeitsgericht in zahlreichen Entscheidungen hervorgehoben. Das bedeutet: der Arbeitnehmer
Arbeiten bei Hitze
Betriebsräte
haben ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht (Initiativrecht) bei den Regelungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). Es ist wichtig, dass der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber (vorausschauend) eine Betriebsvereinbarung mit Hitze-Maßnahmen vereinbart. Das heißt: Nicht warten, bis die Beschäftigten die Hitze am Arbeitsplatz nicht mehr aushalten und gesundheitliche Schäden davontragen.
Regelungsinhalte
betreffen das Arbeiten in einer Arbeitsstätte und im Freien. Kommt der Betriebsrat mit seinen Vorschlägen zur Bekämpfung bei hohen Temperaturen und Entlastung nicht weiter, kann er die Einigungsstelle anrufen. Für die Raumtemperaturen konkretisiert die Arbeitsstättenregel ASR A3.5 Vorgaben, die auch in Pausen- und Bereitschaftsräumen, Kantinen, Sanitär- und Erste-Hilfe-Räumen sowie Unterkünften gelten.
Maßnahmen bei über 26 °C
Nicht jeder Arbeitsplatz verfügt über eine Klimaanlage. Räume dürfen grundsätzlich eine Temperatur von 26 °C nicht überschreiten. Steigt die Außentemperatur über 26 °C und liegt die Raumtemperatur am Arbeitsplatz über 26 °C, müssen Arbeitgeber für gesundheitlich Vorbelastete oder für Beschäftige, die schwer arbeiten, für Entlastung sorgen.
Bei über 30 °C
müssen Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, wie z.B.Effektive Steuerung des Sonnenschutzes, keine Überhitzung der Räume, Effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen (z. B. Nachtauskühlung), Reduzierung der Lasten, z. B. elektrische Geräte nur bei Bedarf betreiben, Lüftung nachts und in den frühen Morgenstunden, Nutzung von Gleitzeitregelungen, Lockerung der Bekleidungsregeln, Organisation zusätzlicher Entwärmungspausen (Zeit, Ort), Bereitstellung von geeigneten Getränken
Bei über 35° C
im Arbeitsraum müssen Arbeitgeber Maßnahmen wie für Hitzearbeit, z. B. in Gießereien, Stahlwerken oder Großbäckereien ergreifen: z. B. Hitzeschutzkleidung, Luftduschen, Wasserschleier oder weitere Entwärmungsphasen. Ansonsten dürfen Beschäftigte in dem Raum nicht mehr arbeiten.
Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann § Partner, Hamburg
Verwertungsverbot im Kündigungsschutzprozess
Darf ein Arbeitgeber heimlich beschaffte Daten in einen Kündigungsschutzprozess gegen den Arbeitnehmer einführen? Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg sagt eindeutig nein. In dem Fall stritten die Parteien um ein Sachvortragsverwertungsverbot im Hinblick auf Informationen, die bei einer verdeckten Auswertung von E-Mails bzw. WhatsApp-Nachrichten aus
Anrückzeiten bei Rufbereitschaft
Gerade in Krankenhäuser spielt für die Rufbereitschaft eine Rolle, innerhalb welcher Zeit die Ärzte im Notfall beim Patienten sein müssen (sog. „Anrückzeit“). In einem vom Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin entschiedenen Fall ging es u.a. um die Frage, ob hierfür 30 Minuten angemessen sind. Das LAG meint nein. In der Begründung
Antragstellung bei betrieblicher Altersversorgung beachten
Wer unverfallbare Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung besitzt, muss dann auf eine Antragstellung achten, wenn bereits frühzeitig die gesetzliche Rente in Anspruch genommen wird. Das gilt, wenn der Übergang in die Rente dem früheren Arbeitgeber nicht bekannt ist. In einem Fall vor dem Landesarbeitsgericht Mainz ging es darum, dass der Kläger bereits im Oktober 2018
Verwertbarkeit von Videoüberwachung im Kündigungsschutzprozess gemäß Urteil des Bundesarbeitsgerichts
Gemäß einer aktuellen Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 29. Juni 2023 wurde ein Fall öffentlicher Videoüberwachung behandelt, bei dem ein vorsätzlicher Arbeitszeitbetrug aufgedeckt wurde. Das Gericht stellte fest, dass die Überwachungseinrichtung offenbar nicht vollständig im Einklang mit den Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) stand. Trotzdem entschied das BAG, dass im Falle vorsätzlich vertragswidrigen Verhaltens kein Verwertungsverbot
WhatsApp Chat als Kündigungsgrund?
„privater“ Inhalt ist geschützt
In dem Fall war der Arbeitnehmer in einer privaten WhatsApp Chatgruppe mit sieben weiteren Mitarbeitern. Zwischen den Mitgliedern dieser Chatgruppe bestand eine langjährige Freundschaft. In diesem Chat äußerte sich der Arbeitnehmer äußerst abwertend über seinen Arbeitgeber
BEM notwendig, trotz Zustimmung Integrationsamt
Arbeitgeber immer verpflichtet, BEM-Verfahren einzuleiten
In dem Fall fand auf Initiative der Klägerin ein Präventionsgespräch statt, an dem auch Mitarbeiter des Integrationsamts teilnahmen. Mit Schreiben vom selben Tag lud die Beklagte die Klägerin zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement (bEM) ein. Die Klägerin teilte mit, dass sie an einem bEM teilnehmen wolle, sie unterzeichnete aber die ihr diesbezüglich von der Beklagten übermittelte datenschutzrechtliche Einwilligung nicht, sondern
Referenten-Entwurf zur Arbeitszeiterfassung
BMAS–Vorschlag zur Umsetzung der Vorgaben des EuGH und BAG
Der Referenten–Entwurf des BMAS legt die Anforderungen für die Arbeitszeiterfassung fest: Der Regelfall der Erfassung soll elektronisch sein (Beginn, Ende und Dauer). Damit können die tatsächlichen Arbeitszeiten (ohne Pausen und Unterbrechungen) erfasst werden. Dabei können in Schichtbetrieben
Sind „Koppelungsgeschäfte“ zulässig?
Überstunden und Arbeitsschutz
Von Koppelungsgeschäften spricht man, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme des Arbeitgebers davon abhängig macht, dass dieser eine – ggf. nicht der Mitbestimmung unterliegende – Gegenleistung erbringt bzw. sich dazu wirksam verpflichtet.
Der Betriebsrat will zu den beantragten Maßnahmen des Arbeitgebers also nicht nur »Ja« oder »Nein« sagen, sondern mit ihm über ein »Paket« verhandeln, das auch Zugeständnisse
Arbeitszeiterfassung künftig elektronisch
Nach dem „Paukenschlag“-Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat nun das Bundesarbeitsministerium einen Gesetzentwurf vorgelegt. Danach soll die Arbeitszeiterfassung künftig elektronisch erfolgen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen (außer in Betrieben mit bis zu 10 Beschäftigten). Diese Pflicht kann auch auf den Arbeitnehmer delegiert werden (z.B. Excel-Tabellen), der Arbeitgeber bleibt aber für die ordnungsgemäße Aufzeichnung verantwortlich. Für Arbeitgeber mit weniger als 50 bzw. 250 Beschäftigten soll es eine Übergangsfrist geben. Generell gilt die Pflicht zur Aufzeichnung auch für den Außendienst. Vertrauensarbeit soll zulässig sein. In §16 Absatz 4 des Referentenentwurfs wird geregelt, dass der Arbeitgeber bei „Vertrauensarbeitszeit“ sicherstellen muss, dass ihm Verstöße gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zu Dauer und Lage der Arbeits-und Ruhezeiten bekannt werden. Dies kann zum Beispiel durch die entsprechende automatische Meldung eines elektronischen Arbeitszeiterfassungssystems erfolgen. Auch dann, wenn Vertrauensarbeitszeit vereinbart ist, müssen Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten eingehalten werden. Die Festlegung der Lage der Arbeitszeit obliegt allerdings dem Arbeitnehmer. Vertrauensarbeitszeit ist somit weiterhin möglich.
Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner, Hamburg
Gleicher Stundenlohn für ‚Geringfügige‘
Auch geringfügig Beschäftigte haben Anspruch auf den gleichen Lohn wie Vollzeitbeschäftigte. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) jetzt in einem Fall von Rettungsassistenten entschieden. Die Arbeitgeberin beschäftigt – nach ihrer Terminologie – sog. „hauptamtliche“ Rettungsassistenten in Voll- und Teilzeit, denen sie eine Stundenvergütung von 17, 00 Euro brutto zahlte. Daneben sind sog. „nebenamtliche“ Rettungsassistenten
Urlaubs- und Weihnachtsgeld – Anspruch aus betrieblicher Übung
Erfahren Sie mehr über den Anspruch auf regelmäßiges Urlaubs- und Weihnachtsgeld aus betrieblicher Übung. Wenn ein Arbeitgeber diese Leistungen regelmäßig zahlt, kann er sie nicht einfach einstellen. Der Arbeitnehmer kann sich vielmehr auf die betriebliche Übung berufen, selbst wenn die Zahlungen in der Vergangenheit in wechselnder Höhe erfolgt sind. Das Bundesarbeitsgericht hat kürzlich einen entsprechenden Fall entschieden, in dem
Entgeltgleichheit vor dem Bundesarbeitsgericht
… wenn der neu eingestellte Mann mehr verdient
In dem Fall einer Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb betrug das Grundgehalt 3.500,00 Euro brutto. Neben der Klägerin waren als Außendienstmitarbeiter im Vertrieb der Beklagten zwei männliche Arbeitnehmer beschäftigt. Bei einer Neueinstellung eines männlichen Kollegen bot die Beklagte auch diesem ein Grundentgelt von 3.500,00 Euro brutto, was dieser jedoch ablehnte. Er verlangte für die Zeit bis zum Einsetzen einer zusätzlichen leistungsabhängigen Vergütung ein höheres Grundentgelt von 4.500,00 Euro brutto. Die Beklagte gab dieser Forderung nach. Zur Begründung berief sie sich ua. darauf, dass der Arbeitnehmer einer ausgeschiedenen, besser vergüteten Vertriebsmitarbeiterin nachgefolgt sei.
Tägliche Ruhezeit kommt zur wöchentlichen Ruhezeit hinzu
Wieder einmal muss es der EuGH „richten“
In dem Fall, der dem Europäischen Gerichtshof vorlag, ging es um einen ungarischen Lokführer. Für ihn galt laut Tarifvertrag eine wöchentliche Mindestruhezeit von 42 Stunden – also weit mehr als die EU-rechtlich vorgegebenen 24 Stunden. Das nahm die Arbeitgeberin zum Anlass, um dem Lokführer in bestimmten Fällen seine tägliche elfstündige Ruhezeit zu versagen. Diese gewährte sie ihm nämlich dann nicht, wenn sie der wöchentlichen Ruhezeit (oder auch Urlaubstagen) unmittelbar vorausging oder nachfolgte. Das Argument der Arbeitgeberin: Weil die wöchentliche Ruhezeit weit über den EU-rechtlich vorgegebenen 24 Stunden liegt, sei mit ihr in einem solchen Fall dann auch die tägliche Ruhezeit von elf Stunden gleich mit abgegolten – die tägliche Ruhezeit sei dann also Teil der wöchentlichen Ruhezeit.
Vergütung von Betriebsratsmitgliedern
Bundesgerichtshof setzt Grenzen
Im Verfahren gegen die Personalverantwortlichen musste sich ein Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit der Vergütungspraxis bei VW auseinandersetzen. Über den Einzelfall hinaus entschied der BGH:
Die gesetzliche Regelung des § 37 Abs. 4 S. 1 BetrVG schließt eine Bewertung der Betriebsratstätigkeit für Vergütungszwecke aus. Das gelte auch für im Betriebsratsamt erworbene Qualifikationen, soweit diese nicht im Zusammenhang mit der bisherigen Arbeitstätigkeit stehen. Es verbiete sich, auf die hypothetische Gehaltsentwicklung des Betriebsrats bei einer Sonderkarriere abzustellen. Vergleichbar sei nur, wer im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt habe und dafür in gleicher Weise wie der Betriebsrat fachlich und persönlich qualifiziert war.
Betriebsübliche Entwicklung
Üblich sei eine Entwicklung, wenn die überwiegende Anzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer eine solche typischerweise bei normaler betrieblicher und personeller Entwicklung genommen habe. Diese Regeln gelten nach dem BGH auch für Beförderungen. Ein Aufstieg sei insbesondere nur dann betriebsüblich, wenn die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer einen solchen erreicht habe. Die Zahlung einer höheren Vergütung setzte voraus, dass der Betriebsrat nur infolge der Amtsübernahme nicht in die entsprechend vergütete Position aufgestiegen sei. Darüber hinaus gehende Vergütungserhöhungen verstoßen nach dem BGH gegen das Begünstigungsverbot aus § 78 S. 2 BetrVG.
Anmerkung: Es war immer „Standard“ auf Vergleichsarbeitnehmer abzustellen, die in etwa zur selben Zeit wie das BR-Mitglied eingestellt wurden und einen ‚betriebsüblichen‘ Aufstieg vollzogen haben. Dann konnte das hypothetische Gehalt verlangt werden, auch wenn die Stelle tatsächlich nicht selbst besetzt wurde („Schattenbesetzung“). BR-Mitglieder sollten also die Entwicklung dieser Kolleg:innen genau im Auge behalten.
Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner, Hamburg
Vergütung von Betriebsratsmitgliedern einschl. der beruflichen Entwicklung
Bekanntlich darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung (§ 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG). Das Bundesarbeitgericht hatte jetzt den Fall zu entscheiden, ob der Anspruch besteht, der Höhe nach eine absolut gleiche Vergütung wie die vergleichbaren Arbeitnehmer zu erhalten.
Abzustellen ist auf die Vergleichsarbeitnehmer. Vergleichbar iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG sind