GBR zuständig bei unternehmensweiter Nutzung
Immer wieder gibt es Streit um die Fragen, ob für IT-Fragen der GBR bzw. KBR originär zuständig ist oder noch Regelungsbedarf für die örtlichen Betriebsräte besteht. Das BAG hat jetzt in einem Verfahren darauf abgestellt, wo und von wem tatsächlich die Kontrolle von Leistung und Verhalten erfolgen kann – konkret durch den Systemadministrator. Das BAG hebt hervor, dass bei der Einführung und Anwendung die zur Überwachung geeigneten technischen Einrichtungen (gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) eine „einheitliche untrennbare betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit“ bilden. Sind also mehrere Betriebe betroffen, erfordert dies eine unternehmensweite Regelung. Wird dann die Administration zentral durchgeführt, verwirklicht sich auch zentral die mögliche Überwachungsfunktion. Für Regelungen durch einzelne Betriebsräte ist dann kein Raum mehr (BAG v. 08.03.2022)
Anmerkung: Nach der gesetzlichen Definition des Mitbestimmungsrechts (Leistungs- und Verhaltenskontrollen) kann natürlich auf zentrale Administratoren abgestellt werden. Ist damit allerdings ausgeschlossen, dass auch dezentral eine Überwachung erfolgen kann? Hier werden die Betriebsräte nachhaken müssen, um den gesamten Umfang der unterschiedlichen Berechtigungen zu erfassen.
Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner
Schlagwort-Archiv: Gesamtbetriebsrat
Gesamtbetriebsrat zuständig für „AT-Gehälter“
… wenn diese nur unternehmenseinheitlich gewährt werden
Das BAG nennt den Ausgangspunkt: „Verfolgt der Arbeitgeber das legitime und sachlich begründete Ziel, in gleichartigen Betrieben und für identische außertarifliche Tätigkeiten ein einheitliches Vergütungssystem zu schaffen, welches auf dem unternehmensweit geltenden tariflichen System aufbaut….
Dann folgt daraus: „Welche Struktur greift, kann die Arbeitgeberin nicht vorgeben, insoweit greift die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Es bedeutete aber einen Eingriff in die unternehmerische Organisationsfreiheit, wenn die Mitbestimmung auf betrieblicher Ebene bliebe und das legitime und überbetrieblich umsetzbare Regelungsziel damit faktisch unerreichbar bliebe. In diesem Fall kann die Angelegenheit nicht nach § 50 Abs. 1 Hs. 2 BetrVG durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden; vielmehr ist es:
zwingend geboten, die Vergütungsstruktur unternehmenseinheitlich festzulegen…
, so dass in der vorliegenden Konstellation nach § 50 Abs. 1 BetrVG der Gesamtbetriebsrat zuständig ist.“
(BAG Beschluss vom 31. August 2020 – 1 TaBV 102/19)
Örtlicher BR, nicht GBR zuständig – Für Regelungen zur Rufbereitschaft
Will ein Unternehmen Rufbereitschaften in allen Betrieben einführen, ist nicht automatisch die Zuständigkeit des GBR gegeben. Das hat jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) in Hannover entgegen einem Spruch der Einigungsstelle entschieden.
Was darf der Betriebsausschuss? LAG Düsseldorf stellt klar
Antrag auf einstweilige Untersagung
Der Gesamtbetriebsrat stand diesen Maßnahmen kritisch gegenüber und machte mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geltend, besagte Maßnahmen würden seine Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG verletzen. Dabei verwies er auf zwei Beschlüsse seines Gesamtbetriebsausschusses zur Verfahrenseinleitung.
Das Arbeitsgericht Solingen wies den Antrag auf einstweilige Untersagung zurück. Auch das LAG Düsseldorf entschied zu Ungunsten des Betriebsrats.
Beschlussfassung durch das Gremium erforderlich
Die Beschlussfassung über die Einleitung eines Verfahrens dieser Art gegen den Arbeitgeber gehöre nämlich nicht zu den „laufenden Geschäften“ des (Gesamt)Betriebsrats. Der (Gesamt)Betriebsausschuss sei aber nur für solche zuständig, § 27 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.
Der Beschluss über die Verfahrenseinleitung in Mitbestimmungsangelegenheiten gehören zu den Aufgaben zur selbständigen Erledigung – und diese obliegen dem (Gesamt)Betriebsrat.
Grundsätzlich hätte der Gesamtbetriebsrat nach § 27 Abs. 2 Satz 2 BetrVG die Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens auf den Ausschuss übertragen können. Im konkret zu entscheidenden Fall sei das aber nicht geschehen.
Zum Hintergrund:
„Laufende Geschäfte“ meinen regelmäßig interne, verwaltungsmäßige, organisatorische und gegebenenfalls wiederkehrende Aufgaben des Betriebsrats, also etwa die Erledigung des Schriftverkehrs, Entgegennahme von Anträgen von Arbeitnehmern, die Einholung von Auskünften, die Vorbereitung von Betriebsratssitzungen usw. (BAG 15.08.2012 – 7 ABR 16/11, AP Nr. 10 zu § 27 BetrVG 1972, Rz. 19 m. w. N.).
Demgegenüber betreffen „Aufgaben zur selbständigen Erledigung“ regelmäßig Angelegenheiten, aus dem Rechte und Pflichten im Kreis des Betriebsrats bzw. Gesamtbetriebsrats im Verhältnis zur Belegschaft, vor allem aber zum Verhältnis zum Arbeitgeber, also die Beteiligungs- und Mitbestimmungsangelegenheiten im weitesten Sinne.
(LAG Düsseldorf, Beschluss vom 05.08.2015 – Aktenzeichen: 4 TaBVGa 6/15)