Ein Thema, das nicht nur zu Corona-Zeiten immer wieder Fragen aufwirft. Das Arbeiten im Homeoffice erfolgt zu anderen Bedingungen als die Arbeit im Büro. Verunfallt ein Arbeitnehmer auf einem Weg im Homeoffice und stürzt, so ist juristisch zu klären, ob es sich um einen Betriebsweg handelt.
Hierzu nimmt ein Urteil des Bundessozialgericht (BSG) Stellung.
Das BSG entschied, anders als zuvor das Bayerische Landessozialgericht (LSG), dass der Sturz auf einer Kellertreppe zu Hause ein Arbeitsunfall im Homeoffice sein kann (Urteil vom 27.11.2018, B 2 U 28/17 R). Ein Betriebsweg kann bei einem Arbeitsplatz zu Hause innerhalb der Wohnung liegen und den privaten und beruflichen Teil des Gebäudes verbinden.
Der Fall auf den sich das Urteil bezieht, stellte sich wie folgt dar:
Durch einen Sturz auf der Kellertreppe zog sich eine Account-Managerin eine Wirbelsäulenverletzung zu. Die Kellertreppe befindet sich in ihrem Haus und die Büroräume befinden sich im Keller. Die Adresse des Unfallopfers ist ohne weitere Angaben als regelmäßiger Arbeitsort mit dem Arbeitgeber vereinbart.
Am Unfalltag sollte die Verunfallte am Nachmittag den Geschäftsführer anrufen. Das wollte sie von ihrem Büro im Keller erledigen. Beim Gang auf der Treppe nach unten stürzte sie und verletzte sich. Die Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) wollte den Unfall nicht als Arbeitsunfall anerkennen, da auf der Treppe zwischen privaten und geschäftlich genutzten Räumen kein Versicherungsschutz bestände. Außerdem sei der Unfall nicht bei der Ausführung beruflicher Handlungen, sondern bei vorbereitenden Handlungen erfolgt. In diesem Sinne urteilte das LSG.
In der Begründung des Bundessozialgericht heißt es unter anderem, dass …
– der vertraglich vereinbarte Arbeitsort die Wohnung der Managerin war.
– der Weg in den Keller erfolgte, um einer dienstlichen Weisung des Geschäftsführers Folge zu leisten.
– die Außentür als Grenzziehung für Betriebswege hier nicht gilt.
– das Telefonat mit dem Geschäftsführer eine Aufgabe im Interesse des Unternehmens war.
Anders stellt es sich im folgenden Fall dar, bei dem der Unfall im Zusammenhang mit dem privaten Lebensbereich beim Homeoffice kein Arbeitsunfall ist.
Die Treppe auf dem Weg in die Küche wurde einer Arbeitnehmerin im Homeoffice zum Verhängnis. Sie verließ den Arbeitsraum, um sich in der Küche, die einen Stock tiefer lag, Wasser zu holen. Dabei rutschte sie auf der in das Erdgeschoss führenden Treppe aus und verletzte sich.
Die Arbeitnehmerin ist auf dem Weg von der Arbeitsstätte zur Küche und damit in den persönlichen Lebensbereich ausgerutscht. Diesen Weg hat sie nicht zurückgelegt, um ihre versicherte Beschäftigung auszuüben, sondern um Wasser zum Trinken zu holen. Somit liegt kein Arbeitsunfall vor.
Daher: Ein Weg zur Nahrungsaufnahme im Homeoffice ist nicht unfallversichert. Das stellte bereits ein älteres Urteil des Bundessozialgerichts klar. Die der privaten Wohnung innewohnenden Risiken hat nicht der Arbeitgeber, sondern der Versicherte selbst zu verantworten.
In einem anderen Fall urteilte das BSG, dass eine Grenzziehung für Betriebswege an der Außentür des Wohnhauses nicht greift, wenn sich die Wohnung und die Arbeitsstätte im selben Haus befindet (BSG v. 31.08.2017). Interessant an dem Fall war, dass eine (selbständige) Friseurmeisterin in einem Zwischenflur eine Waschmaschine (für die Handtücher des Friseursalons) nutze und nach Auffassung der Unfallversicherung eine klare Abgrenzung zwischen Privat- und beruflicher Nutzung nicht möglich war. Dem folgte das BSG nicht. „Typischerweise ist ein Home Office mit weiten Teilen des Privatlebens verwoben“, so das BSG v. 27.11.2018 (Aktenzeichen: B 2 U 8/17 R).
Inzwischen hat der Gesetzgeber reagiert und 2021 die Arbeit im Home office der im Betrieb gleichgestellt.
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