Darf ein Arbeitgeber heimlich beschaffte Daten in einen Kündigungsschutzprozess gegen den Arbeitnehmer einführen? Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg sagt eindeutig nein. In dem Fall stritten die Parteien um ein Sachvortragsverwertungsverbot im Hinblick auf Informationen, die bei einer verdeckten Auswertung von E-Mails bzw. WhatsApp-Nachrichten aus der Privatnutzung dienstlicher Kommunikationsmittel des Arbeitnehmers gewonnen wurden. Das Gericht stellte fest: „Bei erlaubter Privatnutzung eines dienstlichen E-Mail-Accounts darf eine verdachtsunabhängige Überprüfung durch den Arbeitgeber in der Regel nicht verdeckt erfolgen. Vielmehr muss dem Arbeitnehmer angekündigt werden, dass und aus welchem Grund eine Verarbeitung von E-Mails stattfinden soll. Es muss ihm die Gelegenheit gegeben werden, private Nachrichten in einem gesonderten Ordner zu speichern, auf den kein Zugriff erfolgt.“
Private Daten geschützt
Dies gilt für alle Kommunikationsformen, also WhatsApp, SMS, Telefon, E-Mail. Heimlich beschaffte Daten dürfen wegen der nach Art. 1 Abs. 3 GG bestehenden Bindung an die insoweit maßgeblichen Grundrechte und der Verpflichtung zu einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung vom Gericht nicht berücksichtigt werden. Auch die Verwertung von Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, ist mit dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen nicht vereinbar. Das Grundrecht schützt neben der Privat- und Intimsphäre und seiner speziellen Ausprägung als Recht am eigenen Bild auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (vgl. BAG v. 27.7.2017 – 2 AZR 681/16).
Verfassungsrechtliches Verwertungsverbot
Da der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich gebietet, den Sachvortrag der Parteien und die von ihnen angebotenen Beweise zu berücksichtigen, kommt ein „verfassungsrechtliches Verwertungsverbot“ nur in Betracht, wenn dies wegen einer grundrechtlich geschützten Position einer Prozesspartei zwingend geboten ist (BAG v. 23.8.2018 – 2 AZR 133/18). Der Kläger gewann den Prozess gegen die fristlose und fristgerechte Kündigung. (LAG Baden-Württemberg v. 27.1.2023 – 12 Sa 56/21)
Entschädigung zugesprochen
Wegen dem Datenschutzverstoß wurde dem Kläger zusätzlich eine Entschädigung von EUR 3.000 zugesprochen.
Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner, Hamburg
Tags: Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Arbeitsrecht, Datenschutzverstoß, eMails, Entschädigung, Fachanwalt, Handy, heimlich, heimliche Kontrolle, Kündigung, Kündigungsschutz, Kündigungsschutzprozess, Mischnutzung, Nachrichten, Privatnutzung, Sachverwertungsverbot, Smartphone, SMS, Verwertungsverbot, WhatsApp